Live in Norddorf

„Live in Norddorf“ war die Erste CD unseres Shantychors. Wie der Name sagt, handelt es sich um die Liveaufnahme eines Konzertes vor dem fachkundigen Norddorfer Publikum. Wir hatten uns die gute Akustik des Norddorfer Gemeindehauses zu Nutze gemacht.

Hörproben

1. De See geiht hoch
2. Johnny, Come Down to Hilo
3. Hamborger Fährjung
4. Bäckergangshanty
5. Daar was eens een Meisje loos
6. Bounty was a Packet Ship
7. Sloop J.B.
8. En Sjöman Älskar Havets Vag
9. Langsiet liggt de Sluup
10. De Kock
11. De Hoffnung
12. Les Trois Marins de Groix
13. E Amola
14. Dead Horse
15. Haul away, Joe
16. Haul away, Boys
17. John Kanaka
18. Gorch-Fock-Lied (Zugabe)

Erläuterungen

Nr. 01 De See geiht hoch (3:03)

„Oh Roll the Cotton Down“ geht auf den Gesang schwarzer Arbeiter beim Verladen der Baumwollballen zurück. Englischsprachige Seeleute nahmen das Lied mit an Bord, und Heinrich Schacht (1817 – 1863) verfaßte den plattdeutschen Text für dieses Fall-Shanty. Beim Kehrreim auf die Silben „Kööm“ und „mi“ ziehen alle zusammen ruckweise das Segel Stück für Stück hoch.

Das Shanty ist noch unter einem anderen Namen bekannt, der sich mehr auf den Inhalt bezieht: „De Runner von Hamburg“. Stan Hugill schreibt in seinem Buch „Windjammerlieder“: „Die Runner von Hamburg waren berüchtigte Leute. Ein Runner war gewöhnlich ein Mann, der ein Schiff aus dem Hafen steuerte, während die Crew noch ihren Kater pflegte. …. (Runner) gingen an Bord einlaufender Schiffe, waren mit Kümmel oder Schnaps bewaffnet und boten den Heimkehrern einen Ersatz für Geld an, noch bevor die ihre Heuer erhielten. Auslaufenden Seeleuten verhökerten sie billige Kleidung, und während des Aufenthalts im Hafen versorgten sie die Matrosen mit Schnaps und Frauen. Dafür verlangten sie als Lohn für die Mühe eine Vorauszahlung.“

Nr. 02 Johnny, Come Down to Hilo (1:54)

Dies ist ein amerikanisches Gangspill-Shanty, das ursprünglich auch von schwarzen Seeleuten gesungen wurde. In der dritten Strophe schwingen noch die unguten Erinnerungen an die Arbeit auf der Baumwollplantage mit.

„Hilo“ meint die südperuanische Hafenstadt „Ilo“, einen bedeutenden Umschlagplatz für die Ausfuhr von Salpeter.

Nr. 03 Hamborger Fährjung (5:24)

Erich Walden (Musik) und Walter Rothenburg haben dieses plattdeutsche typisch Hamburger Lied geschaffen. Gesungen wird es von einem Amrumer Fährjung, der viele Jahre auf dem Fährschiff „Hilligenlei“ zwischen Amrum und Schlüttsiel gefahren ist.

Nr. 04 Bäckergangshanty (2:19)

Die meisten Shanties in plattdeutscher Sprache wie z.B. Veermaster, Magelhan, Hoffnung usw. sind Übersetzungen oder Nachdichtungen englischsprachiger Originale. Beim „Bäckergangshanty“ ist das anders: Dieses kleine Lied beschreibt eine typische Begebenheit beim „Landgang“, Schauplatz ist der Bäckergang in der Hamburger Neustadt zwischen St.Pauli und dem Hafen.

Kenner der Freien und Hansestadt Hamburg wissen natürlich, daß es im sogenannten Gängeviertel den Großen und den Kleinen Bäckergang gibt. Wer wissen will, welcher Bäckergang gemeint ist, kann ja mal nach Hamburg fahren und nachsehen. Das Mädchen mit der karierten Schürze steht da vielleicht noch vor der Tür.

Nr. 05 Daar was eens een Meisje loos (2:37)

Daß ein Mädchen zur See fahren möchte, kann man heutzutage gut verstehen, seit Frauen die letzten echten Männerberufe für sich erobert haben (Busfahrerin, Soldatin, Parteivorsitzende, Sängerin im Shantychor usw.). Zur Zeit der großen Segelschiffe jedoch gab es so etwas in hundert Jahren höchstens einmal.

Das Mädchen, das sich in diesem holländischen Ballaststauer-Shanty in die Schiffsmannschaft einschleicht, ist als Mann verkleidet, spricht mit verstellter Stimme und raucht schwarze Zigarren. Trotzdem: Einmal bei Sturm und schwerer See, hoch oben im Mast, gelingt es ihr nicht, die Segel festzumachen.

In den alten Zeiten wurden solche Fehler bei der Arbeit unnachsichtig bestraft – die Kapitäne waren absolute Herrscher über ihre Mannschaften, und unsere heutigen Vorstellungen über Menschenwürde, Arbeitnehmerrechte und den Wert des Lebens waren ihnen völlig fremd. Der Kapitän läßt den vermeintlichen jungen Matrosen an den Mast binden. Doch bevor das grausame Schicksal seinen Lauf nimmt, gibt das Mädchen sich als solches zu erkennen, und der Kelch geht tatsächlich an ihr vorüber! Sie darf / muß jetzt in der Kapitänskajüte mitfahren und ist guter Hoffnung, am Ende der Fahrt Frau Kapitän zu werden.

Damit war die Welt dann wieder für hundert Jahre in Ordnung.

Nr. 06 Bounty was a Packet Ship (1:40)

Die alten Holzschiffe waren nie so ganz wasserdicht. Deshalb mußten die Pumpen ständig in Gang gehalten werden, um das eingedrungene Wasser wieder loszuwerden. Ein Shanty speziell für die Arbeit an der Schwengelpumpe ist das tragische Lied von der Meuterei auf der Bounty.

Kapitän Billy Blight war in den Augen seiner Mannschaft ein ungewöhnlich ungerechter, jähzorniger und gewalttätiger Zeitgenosse. Nach einem längeren Aufenthalt in einem Hafen der Südseeregion konnten sich die Seeleute mit den Zuständen an Bord nicht mehr abfinden. Es kam zur Meuterei. Die Mannschaft überwältigte den Kapitän und setzte ihn in einem Boot aus.

Billy Blight muß ein guter Seemann und Navigator gewesen sein, denn er schaffte es, die Küste zu erreichen. Die Mannschaft mit der Bounty dagen ist lt. letzter Strophe verschollen. Man hatte wohl vorgehabt, zu den braunen Mädchen mit den Blumenkränzen („Aloha Oe”) zurückzukehren, kam dort aber nie an.

Nr. 07 Sloop John B. (5:01)

Der Amrumer Shantychor im Calypso-Rhythmus: „John B.“ ist der Name des Schiffs vom Typ Schaluppe, das ist ein einmastiger Küstensegler. Nach einem Trinkgelage mit nachfolgender Schlägerei im Hafen von Nassau/Bahamas kommt die Polizei an Bord, nimmt den Steuermann als Hauptübeltäter fest und sperrt ihn ein. Die Mannschaft sitzt nun im Hafen fest und singt „Let me go home!“. Bekannt wurde dieses Lied durch einen kalifornischen Shantychor (Beachboys).

Nr. 08 En Sjöman älskar havets våg (1:58)

Dieses Shanty stammt aus Schweden aus dem 19. Jahrhundert. Es eignet sich besonders beim Ankerlichten gesungen zu werden, denn es beschreibt den zärtlichen Abschied von der „Verlobten”. Man schwört sich gegenseitig Treue und baldige Wiederkehr, doch jeder weiß: „Ein Seemann liebt des Meeres Wellen”. Er liebt das Brausen der Wellen („Vågornas brus”) und das Sausen des Sturmes („stormanas sus”).

Nr. 09 Langsiet liggt de Sluup (2:30)

Die Geschichte der nordfriesischen Inseln war in den letzten Jahrhunderten eng mit der Wal- und Robbenjagd verbunden. Zeitweise war die gesamte männliche Bevölkerung vom 12-jährigen Schiffsjungen an bis hinauf zu den zahlreichen berühmten Kapitänen vom Biikebrennen ab 21. Februar auf See.

Das Lied beschreibt in plattdeutscher Sprache, wie der Wal von der „Sluup” ,einem Ruderboot, aus mit Harpunen gejagt wird, welche Lebensgefahren die Männer zu bestehen haben und wie sie schließlich ihren Erfolg feiern.

Nr. 10 De Kock (1:35)

Wer die Melodie dieses plattdeutschen Shanties hört, denkt unwillkürlich an hohe Berge, enge Täler und die Kunst des Jodelns. Der Text hingegen stammt vom Hamburger Arbeiterdichter Heinrich Schacht und wurde 1862 veröffentlicht. Es verbreitete sich schnell auf den großen Segelschiffen und wurde beim Segelhissen und am Gangspill gesungen.

Der Liedtext bringt humorvoll zum Ausdruck, was für ein wichtiger und patenter Kerl der Schiffskoch doch ist. So wundert es uns nicht, daß dieses Shanty es zu einer Art Zunftlied der Schiffsköche gebracht hat. Beim Amrumer Shantychor gibt es ein ungeschriebenes Gesetz: Nur ein gelernter Koch darf dieses Lied vortragen!

Nr. 11 De Hoffnung (2:49)

„Hoffnung“ ist der schöne Name des Segelschiffes, auf dem eine nicht gerade alltägliche Begebenheit stattgefunden haben soll. Erzählt wird von einem Kapitän, der dem Teufel seine Seele verpfändet, damit er rechtzeitig seinen Bestimmungshafen erreicht.

Als der Teufel seinen Teil der Abmachung erfüllt hat, kommt er an Bord und fordert den wohlverdienten Lohn. Doch der alte erfahrene Schiffszimmermann knotet den Schwanz des Teufels an die Ankerkette. Als sie den Anker im Hafen herablassen, wird der Teufel, dieser „Schweinehund“, wie es in der letzten Strophe heißt, mit in die Tiefe gerissen, und der Kapitän ist noch einmal davongekommen.

Das Lied hat aus gutem Grund ungefähr so viele Strophen, wie ein Viermaster Segel hat.

Nr. 12 Les Trois Marins de Groix (3:29)

Auf See lauern viele Gefahren. Nicht nur Wind und Wetter, Haifische, Piraten, Ungeziefer und Vitaminmangel machten den Männern auf den großen Segelschiffen zu schaffen. Bei der täglichen Arbeit lauerten tödliche Unfallgefahren wie in dem französischen Lied von den drei Matrosen aus Groix, von denen nur zwei wieder nach Hause kamen. Der dritte stürzt beim Festmachen des Bramsegels aus großer Höhe ins Wasser. Man findet nur noch seine Mütze, seinen Tabaksbeutel und sein Messer.

Nr. 13 E Amòla (2:08)

E Amòla ist das Arbeitslied der Thunfischfänger von Sizilien. Der Titel bedeutet „und fange sie!”. Das Lied wird beim Einholen der Netze gesungen. Weil die Arbeit sehr schwer ist, müssen Maria und der heilige Josef mithelfen.

Nr. 14 The Dead Horse (2:19)

Dieses Shanty war Bestandteil einer Zeremonie, die nach Ablauf des ersten Monats um Mitternacht an Bord aufgeführt wurde: Aus Tauwerk und altem Segeltuch hatten die Seeleute „ein totes Pferd” gebastelt, das sie nun feierlich mit Gesang über das Deck zogen, an einer Rah aufzogen und ins Wasser fallen ließen.

Dieser Brauch war Sinnbild dafür, daß man im ersten Monat für nichts, sozusagen „für ein totes Pferd” gearbeitet hatte. Die erste Heuer wurde nämlich schon vor der Abreise als Vorschuß ausgezahlt, und dieses Geld hatte man als echter Seemann natürlich sofort im Umfeld der Hafenkneipe investiert.

Nr. 15 Haul away, Joe (2:55)

Dies ist ein echtes Haul-Shanty. Deutsche Seeleute sagen statt „haul“ „holen“ und meinen damit wie ihre internationalen Kollegen „in der Gruppe gemeinsam an einem Tau ziehen, während ein Vorsänger den Arbeitstakt angibt“. Geholt wird jeweils auf „Joe“. Gute Vorsänger sind in der Lage, mit unendlichen Strophen (ca.20 sind überliefert), humorvollen Texten und spontanen Einfällen und Variationen die Mannschaft zu Höchstleistungen anzuspornen.

Nr. 16 Haul Away, Boys (2:52)

Dies ist ein englisches Haul-Shanty der West-Indien-Linien. Bei « Haul » ziehen alle am gleichen Strang.

In der vierten Strophe macht sich der Vorsänger über den Koch lustig (Lebensmittel von Gott, Köche vom Teufel), in der 5. bekommen die Frauen ihr Fett weg (Gott schuf den Mann, der Mann macht Geld, der Teufel schickt die Frau, uns das Geld zu rauben). Das wird manchem noch leid tun!

Nr. 17 John Kanaka (4:02)

Dieses Lied stammt aus der polynesischen Inselwelt. Englisch singende Shantymänner haben einige Strophen hinzugefügt über Träume von arbeitsfreien Tagen an Bord angesichts der Schrecken einer Cap- Horn-Umsegelung.

Bei diesem Lied zeigt der Amrumer Shantychor sein ganzes Temperament.

Nr. 18 Gorch-Fock-Lied (3:18)

Der Amrumer Shantychor singt das Kultlied des gleichnamigen Segelschulschiffs als Zugabe.